Dienstag, 21. Dezember 2010

Schwarzweiß

Beim Fisch gibt es politisch korrekte Sorten, das weiß jedes Kind, dem Greenpeace schon mal einen Luftballon geschenkt hat. Der konventionelle Fischhandel bietet jetzt auch Biofisch an, also entweder Wildfang von noch nicht überfischten Sorten oder Fisch aus artgerechter Haltung in norwegischen Ökofischfarmen. Ich kaufe Kabeljau, weil es im Rezept steht, fünf Filets. Für die bereite ich einen Mantel aus Mandeln, Brosamen, Butter und Zitrone zu, würze mit Muskat. Auch ohne Backen schmeckt diese Paste schon köstlich und einmal in Probierlaune, stecke ich jetzt überall meinen Finger rein: In die mit Rotwein glasierten Schalotten, in den mit Möhrenstückchen verzierten schwarzen Reis, der ein basmatiähnliches Aroma verströmt. Die mit Mandarinen aufgeschäumte Soße hält sich bis auf die Teller. Brunett, die eben noch ihr Auto gecrasht hat, hält inne, schnappt sich ihre Gabel und wünscht guten Appetit allerseits. Die Gräfin wiegt das feine Fischsilber in ihrer adligen Hand, Nottie bewundert das linnene Tischtuch und Diane freut sich, denn beide sind aus ihrem Bestand. Eine würdige Kulisse für diese Kabeljaushow. Das Gruppengefühl wogt über den Tisch, draußen schneit es leise weiter. Wir sollten unserer Energie ein gemeinsames Ventil zur Verfügung stellen meint Nottie. Als Gruppe sind wir so was von stark, eine Kraft, die es vorzugsweise in politische Willensbildung einzusetzen gilt. Wir schmunzeln, trinken italienischen Weißwein und denken, sie hat ja sowas von Recht. Wahrscheinlich könnten wir die Geisterinnen unserer Großmütter an den Tisch bitten und sie würden Platz nehmen ohne mit der Wimper zu zucken.

Montag, 13. Dezember 2010

Geheimrezept

Wenn wir nicht kochen backen wir. Vor Weihnachten backen wir mehr als wir kochen. Damit es spannend bleibt, probieren wir Geheimrezepte aus. Die unausgesprochene Latte hängt beim zartesten, duftendsten Gebäck, das frau (man) sich überhaupt vorstellen kann bzw. jemals gegessen hat. Zum Beispiel Zimtsterne. Die Gräfin und ich treffen uns mit den erlesensten Zutaten: Eier von grauen Perlhühnern, handverlesene Mandeln von der mallorcinischen Ökofinca dieses deutschen Sängers (wie heißt der gleich noch?), Süßrahmbutter, die vom Schlagen mit Holzschlegeln ganz geschmeidig ist, Zimt aus ayurvedischem Anbau auf Sri Lanka. Gut, ich lenke ein, das ist alles übertrieben und bei diesen Ökosachen weiß man ja sowieso nicht, ob die wirklich bio sind. Egal, wir nehmen sie trotzdem. Die Gräfin ist im Besitz von Geheimrezepten, das hat irgendwie mit ihrer Familie und natürlich mit ihrer Herkunft zu tun. Ich fühle mich geehrt, einen Blick auf das in dunkelblauer Tinte verfasste Blatt für die Herstellung von Zimtsternen werfen zu dürfen. Die Zutatenliste ist erstaunlich kurz: 500 g Mandeln, 5 Eiweiß, Puderzucker und Zimt. That`s it. Doch diese vier beschäftigen uns für eine ganze Weile, im Geiste rechnen wir schon um, wie viel so ein einzelner Stern wohl wert ist, wenn frau (man) alles hineinrechnet (auch Arbeitszeit, klar). Die Gräfin hat das erstaunlich schnell raus: 1 oder 4 Euro, je nachdem ob sie als Grundlage den Lohn eines Konditorgesellen oder die Gage eines Sternekochs nimmt. Beides wäre zu teuer, wollten wir das Gebäck verkaufen, aber das möchten wir ja gar nicht. Wir legen es auf Etageren aus Goldrandporzellan, wo es von allen bewundert und dann gegessen wird. (Jetzt fällt`s mir wieder ein: Peter Maffay).

Freitag, 10. Dezember 2010

eating out

Einer der erfolgreichsten Blogs war dieses Jahr „Not eating out“ einer jungen New Yorkerin, die das homecooking als Gegentrend zum ständigen Auswärtsessen in angesagten Szenerestaurants erklärt hat. Sie hat eine große Fangemeinde, die – plötzlich angeekelt von Burgern und gebratenen Nudeln – den tollen Eigengeschmack von frisch zubereitetem Gemüse zu schätzen weiß. Ungeachtet dessen haben Schenny, die morgen nach Spanien fliegt, Nottie, die noch drei Vorträge und zwei Bücher schreiben muss, Diane, Brunett und ich einfach Lust, mal nicht zu kochen und einfach nach nebenan zum Veganer essen zu gehen. Das klingt jetzt spartanisch und nicht nach echtem Vergnügen, aber dieser veganische Koch kann kochen! Würde das Wort nicht draußen auf dem Schild stehen – kein Mensch käme auf den Gedanken, dass die appetitlich angerichteten Speisen auf dem Teller ausschließlich und aus Überzeugung vegetarisch sind und bei der Zubereitung penibel auf die Verwendung von Fleisch, Fisch, Eiern, Milch, Honig und anderen tierischen Produkten verzichtet wird. Göttin sei Dank ist Wein ein pflanzliches Getränk und das Lokal ist außerdem gut geheizt. Bei Riesling und Rhabarberschorle prosten wir uns gegenseitig zu, ein Toast auf den Kochkünstler!