Samstag, 30. April 2011

Abschied

Der erste Sundowner der Saison auf der Dachterrasse an meinem letzten Abend, alle außer Claire sind da: Nottie serviert Sekt auf ihrem neuen Tisch, Diane macht Fotos mit dem Fernsehturm im Hintergrund, Schenny, Brunett und die Gräfin  prosten mir zu. Ich will nicht sentimental sein, doch mein Herz sinkt. Aufs allerfeinste selbst gebeizter Lachs kommt auf die Vorspeisenteller und die Gräfin versucht uns mit chemischen Erklärungen die Angst vor rohem Fisch zu nehmen, die wir gar nicht haben. Dem Fisch folgt ein Lamm in Ragout und wie es ihre Art ist, bedauert Schenny das arme Tier, nur schwach getröstet davon, dass die Lämmer schon wie Schafe aussehen, wenn sie geschlachtet werden. Schmecken tut es aber köstlich, so zart. Zum großen Finale öffnet Nottie ihren Rumtopf und wir saugen mit leuchtenden Augen den Alkohol aus den Früchten. Zum Abschied schenkt mir meine Kochgruppe ein Kochbuch und einen auf die Ewigkeit ausgestellten Gutschein, bei Besuchen in Berlin zu den Kochgruppenessen zu kommen. Wow, dann ist ja doch noch nicht ganz Schluss. Mit dem Blog. Danke!!

Freitag, 15. April 2011

Locus Comenius

Brunett ist toll. Kaum aus dem Büro heraus, einmal schnell durch den Supermarkt geflitzt, stellt sie ein imposant nach Paprika duftendes Gericht auf den Tisch als hätte sie alle Zeit der Welt gehabt für uns zu kochen.  Die roten und grünen Schoten schmoren in einer würzigen Brühe, darüber dünstet Fisch.  Auch der Spinatsalat sieht aus, als wäre er mit Weile zubereitet, doch es sind Champions, Kürbis- und Pinienkerne. Zwischen zwei Sorten Weißwein auszuwählen ist nicht einfach, aber die Gräfin weiß, dass sie keinen Silvaner will. Und tatsächlich, er ist blass im Abgang, geradezu unscheinbar trotz seiner 13,5 Prozent. Mit weißem Burgunder sind wir auf der sicheren Seite, den Fisch spülen wir glatt runter. Weil Schenny kurzfristig nicht kommen konnte, ist Brunetts Nachbarin da, sozusagen nachgerückt. Sie lacht herzlich und erklärt uns das mit den böhmischen Glaubensflüchtlingen, die sich in Rixdorf im Comeniusgarten versteckt haben. Herausgelockt hat sie die Harfenjule, die mit ihrem Instrument wie der Flötist von Hameln immer eine Schar Kinder hinter sich her zieht, Maiglöckchen im Haar.

Dienstag, 12. April 2011

Kaisergranat

Der Lachs der Gräfin hat die Farbe eines Kaisergranats im Sonnenuntergang. Durchzogen von weißen Linien, die den Fisch charakteristisch machen, ist er außerdem umwickelt von hellem Kraut mit Sauerrahm. Das blasse Püree ist eine Mischung aus Kartoffeln und Sellerie. Ein Traum, den Brunett und ich auch noch zum Nachtisch löffeln, denn jetzt schmeckt es plötzlich süß, wie hat die Gräfin das hingekriegt? Tatsächlich gibt es aber zum Dessert süße marokkanische Orangen mit Minzricotta. Da wundert es mich nicht, dass wir direkt in eine aufgeregte Reiseberichterstattung übergehen: Lissabon, Barcelona, Gozo. Nottie möchte ihren nächsten Geburtstag in Australien feiern, weil sie da noch nie war. Wir stellen fest, dass wir alle noch nie in Australien waren und in unserer geistigen Bratpfanne brutzeln schon Känguruschnitzel, Oppossumfilet und Schlangenspieße. Begeistert plant Diane mit uns den Segeltörn von Sidney nach Hobart, auf dem zwar schon viele Spaßseglerinnen in der tobenden See verlorengegangen sind, aber welche von uns wollte nicht schon immer zehn Meter hohe Wellen hautnah erleben?